Pressespiegel
Im Pressespiegel finden Sie Pressemitteilungen & Pressematerial des Kammerchores Vokalkunst.
Prometheus‘ Fackellauf
Dr. Achim Stricker, Reutlinger General-Anzeiger, Reutlingen, 18. März 2024
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Der Kammerchor „Vokalkunst“ mit neusten A-cappella-Werken.
Tübingen. Einst stand hier der Braukessel des Sudhauses. Darum ist der Raum zehn Meter hoch – und hat gar keine schlechte Akustik. Die hallige Resonanz gibt dem Chorklang genug Raum, um sich zu mischen und zugleich durchhörbar zu bleiben. Vokalkunst erprobt gern neue Klang-Räume: In der Sudhaus-Galerie „Peripherie“ sind sie der allererste Kammerchor. Mit gut 80 Zuhörern ist das Konzert fast ausverkauft.
Vokalkunst ist ein Entdecker-Ensemble, Tübingens neuer Erstaufführungs-Chor, 2023 gegründet. Chorleiter Daniel Radde hat wieder findig recherchiert und neustes, anspruchsvolles A-cappella-Repertoire zusammengestellt. Darunter ein „Dies irae“ von John Trotta, der das Jüngste Gericht in schneller Rhythmik und abrupten Akzenten hereinbrechen lässt. Oder ein „Cor meum“ von Patricia Van Ness, deren Musik in älteren Traditionen wurzelt: Aus einer choralartigen Grundlinie wachsen irisierende Klangblüten heraus, öffnen sich zu facettierten Prismen. Radde hat ein engagiertes und intonationssicheres Ensemble zur Verfügung, am Samstag in verkleinerter, 14-köpfiger Besetzung, je sieben Frauen- und Männerstim-men. Ein ambitionierter, fleißiger Kammerchor mit monatlichen Auftritten – demnächst im Weggental und Herrenberg.
Bei Zane Randall Stroopes achtstimmigem „Judaskuss“ nach einem Gedicht des späteren NS-Poeten Josef Weinheber wechselt das blaugraue Scheinwerferlicht zu Blutrot. Eine effektvolle, gewagte Komposition. Das Wort „Kuss“ fährt in enge Cluster-Tonballungen zusammen. Entsetzt aufgerissene Dissonanzen und krachendes Stampfen auf die Podeste. Zuletzt ein bisschen too much – wird ein Beutel mit „Silberlingen“, der „Judas-Lohn“, zu Boden geworfen.
Das experimentellste Stück ist „Numbers“ der jüngsten Komponistin im Programm: Shruthi Rajasekar, Jahrgang 1996. Drei Zahlensysteme werden musikalisch umgesetzt: das babylonische, das im Dutzend und in 60er-Einheiten denkt (daher Zifferblatt und Kompassrose), das Dezimalsystem und der binäre Computer-Code 0 und 1 in morsenden kurz-lang-Impulsen. Rhythmisch überlagerte Schichten wie hörbar gemachte Datenströme. Am Ende ein Abwärts-Glissando, als ob man den Stecker zieht und der Rechner abstürzt.
An den Ruhepunkten wird das Scheinwerferlicht Magenta-Rot und Waldmeister-Grün: Matthew Harris‘ Shakespeare-Walzer „Tell me where is fancy bred“ und Howard Skemptons „More sweet than my refrain“, schön in seiner mantraartig kreisenden Schlichtheit.
Auch sprachlich ist Vokalkunst gern global unterwegs, diesmal Baskisch (Josu Elberdins „Cantate Domino“) und Rätoromanisch (Flavio Bundis „Il Grond Silenzi“, die große Stille auf einem Berggipfel, von den Sopranspitzen bis hinab in die Bass-Täler).
Gegenüber der jüngeren Generation fallen die neotonalen „Altmeister“ Rutter und Whitacre etwas ab: „Dashing Away with the Smoothing Iron“ (die Angebetete dampft mit dem Bügeleisen ab) und „With a Lily in your Hand“. Zuletzt „Prometheus“ des Kanadiers Kristopher Fulton: ein Sprung vom Olymp herab mit brennender Fackel, zischendem „sch“ und knallend geerdeter Punktlandung. Beifallsjubel.
Quelle: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Prometheus-Fackellauf-623114.html
Kammerchor mit hohem Anspruch
Dr. Jörg Riedlbauer, Reutlinger General-Anzeiger, Reutlingen, 04. Februar 2024
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Das Ensemble Vokalkunst unter anderem mit Musik aus Kuba und Indien im Reutlinger Spitalhofsaal
Reutlingen. Eher selten sind Länder wie Indien, Kuba oder die Schweiz in Konzerten mit klassischer Musik vertreten. Doch für das erst vor einem Jahr gegründeten Ensembles Vokalkunst gehören gerade solche Inhalte zum Programm und Prinzip. Wie auch schon der Name des 18-köpfigen Kammerchors unter der Leitung von Daniel Radde, „Vokalkunst“, hohen Anspruch an sich selbst erhebt. Ein Anspruch, der im fast vollbesetzten Spitalhofsaal erfüllt worden ist. […]
Feinnervig wurde die Binnendynamik ausgesteuert. So ergaben sich nuancierte Stärkegrade in einem sich weitenden Spektrum zwischen zartem Pianissimo und markanten Akzenten, die sich in Zane Randall Stroopes Motette „Judaskuss“ bis zum Schrei steigerten. Weiterlesen
Professionalität in den verschiedenen Stilrichtungen ist eben ein Markenzeichen von „Vokalkunst“.
Vielstimmiger Wohlklang
Dr. Susanne Eckstein, Südwest Presse, Reutlingen, 09. Februar 2024
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Der noch junge Kammerchor „Vokalkunst“ gab am Freitagabend im Spitalhof ein Konzert.
Reutlingen. „Vokalkunst“ nennt sich ein junger Kammerchor aus Tübingen, der am Freitag im voll besetzten Reutlinger Spitalhofsaal auftrat. Die Leitung hat Daniel Radde, der bis zum Vorjahr acht Jahre lang den Reutlinger LiCo-Chorverein dirigiert hat. Wer seinem Verein den Namen „Vokalkunst“ gibt, muss sich an diesem Anspruch messen lassen. Angesichts der großen Zahl guter Vokalensembles in der Region ist das nicht einfach; gerade Tübingen scheint ein fruchtbarer Boden dafür zu sein.
Über „subtile Eleganz und künstlerische Raffinesse“ verfügt angeblich dieser Kammerchor. Das ist schwierig zu verwirklichen, wenn die 11 Sängerinnen und 7 Sänger in einem Raum wie dem Spitalhofsaal singen, wo die trockene Akustik jedes Detail ungeschönt offenlegt. Ein bisschen Kirchenhall anstelle der farbigen Scheinwerfer hätte das Ergebnis sicher verschönert. Als problematisch erwies sich auch die Besetzung: Bei sechs sehr starken Sopranen gegenüber nur drei Tenören ist die Balance immer wieder gefährdet.
Das Programm bot geistliche und weltliche A-cappella-Literatur aus dem 20. und 21. Jahrhundert. Wer nun auf radikal Neues hoffte, sah sich enttäuscht: Die ausgewählten Chorkomponisten schreiben ihre Musik im traditionellen Stil, angereichert durch farbige Harmonik und flotte Rhythmen. Man konnte also gefällige, kundig geleitete und diszipliniert ausgeführte A-Cappella-Musik erleben, unterbrochen durch extravagante „Ausreißer“ und die Ansagen von Jonathan Steinestel.
Am Anfang stand geistliche Musik von MacMillan, Močnik und Strohbach. Die sakrale Aura kam trotz der konzentrierten Ausführung aufgrund der Wohnzimmer-Atmosphäre des Spitalhofsaals kaum zur Entfaltung, umso opulenter das vielstimmige Crescendo der „Acclamatio“.
Zwar biblisch inspiriert, doch ein theatralischer Kontrast war der „Judaskuss“: Die balladenhafte Gedichtvertonung wird illustriert durch krachendes Aufstampfen, scharfe Einwürfe und grelles Fortissimo; am Ende singt Judas trocken „I hanged myself“. Ein sanfter Zweizeiler nach Shakespeare leitete über zu Trottas „Dies Irae“, einer Art Schnell-sprech-Exerzitium, ebenfalls akzentuiert durch Stampfen.
Ein ungewöhnliches Chorwerk bildete die Mitte: die „Numbers“ von Shruti Rajasekar, einer in-disch-US-amerikanischen Komponistin, die damit das Thema „Zahlen“ umgesetzt hat. Nach Abschnitten für das 60er- und das Dezimalsystem widmet sich der dritte Teil dem binären System:
Hier singt der Chor nur ein monotones „zero zero one zero zero one one“ und endet in eintönigem Murmeln, als hätte ihm jemand den Stecker gezogen. Bemerkenswert!
Zurück zu traditionellen Chorklängen ging es mit Beatriz Coronas „Penas“, das in rhythmischem Schwung vom Leid zur Hoffnung führt und Flavio Bundis „Gron Silenzi“, einer vielstimmigen Huldigung an die Stille der Bergwelt. Eine kleine tänzerische Shakespeare-Vertonung leitete über zum Schlussteil mit drei volkstümlichen bzw. Pop-inspirierten Stücken, umgesetzt mit viel Harmonie und Wärme, vom Mädel mit dem Rosenmund über die niedliche Wäscherin bis zu Fultons effektvollem „Prometheus“, der das Können des Kammerchors mit leuchtenden Akkorden, feurigen Rhythmen und bis zu achtstimmigem Vielklang ins rechte Licht rückte. Viel Applaus, Bundis „große Stille“ als Dreingabe.
Quelle: https://www.swp.de/autor/susanne-eckstein-67361753.html
Dornwald 2.0
Dr. Achim Stricker, Schwäbisches Tagblatt, Tübingen, 12. Dezember 2023
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Das Ensemble Vokalkunst singt allerneustes Advents-Repertoire.
Tübingen. Sie sind echte Senkrechtstarter. Am 18.Januar rief Daniel Radde sein Ensemble „Vokalkunst“ ins Leben. Seither hat Tübingens neuer, höchst rühriger Kammerchor in seinem ersten Jahr bereits über 15 Auftritte hingelegt, mit stetig wachsender Fangemeinde. Das Konzert am Samstag in der Lustnauer Petruskirche war gut besucht, der Silchersaal des Museums am Zweiten Adventssonntag mit rund 140 Zuhörern vollbesetzt.
Vokalkunst ist ein Entdecker-Ensemble, auf der Suche nach allerneustem A-cappella-Repertoire aus der internationalen Chorszene. Unter den Advents- und Weihnachts-Chorsätzen aus England, Schottland, Lettland, Slowenien, den USA, Schweden und Deutschland war wieder manche Tübinger Erstaufführung.
Licht in großer Finsternis
Bei Adrian Peacocks „Venite, gaudete!“ fächerten die zwölf Frauen- und zehn Männerstimmen mit minimalistisch kreisenden Ostinato-Motiven und irisierenden Cluster-Tonballungen einen Klang-Paravent in psychedelischen Regenbogen-Farben auf. In Rihards Dubras „Stetit Angelus“ ließ ein Engel Weihrauch aufsteigen, der zuletzt – Klang geworden – mit weich zischendem „sch“ und Atemgeräusch mitten durch den Schlussakkord ins Publikum strömte.
Am beeindruckendsten James MacMillans „O Radiant Dawn“ („Oh strahlende Morgenröte“): Mit jedem Ruf „Come! Come! Come!“ („Come, shine on those who dwell in darkness“) schwoll das Crescendo weiter an, immer noch stärker aufgeladen, noch höher aufgetürmt, in immer schärferen Dissonanz-Spannungen, bis das übergroße Licht in die Finsternis hereinbrach.
Das stand alles sehr sicher und gekonnt da, professionell durchgearbeitet und unbeirrbar intonationssicher.
Chorleiter Daniel Radde, der in Tübingen Theologie und Literaturwissenschaft studiert, hat als Schüler in der preisgekrönten Altensteiger Christophorus-Kantorei eine profunde sängerische Ausbildung erhalten und anschließend in Karlsruhe Gesang studiert. Die künstlerische Handschrift der Christophorus-Kantorei zeigt sich in der zeitgenössischen Repertoire-Auswahl und auch am Klangaufbau.
Im Programm dominierten aktuelle „neotonale“ Komponisten, die nach der atonalen Avantgarde wieder recht traditionell in Dur und Moll schreiben – wie Becky McGlades Carol „See amid the winter ’s snow“. Darunter Neufassungen und Remix-Collagen bekannter Liedmelodien wie Claudia Reinhards „Vom Himmel hoch, o Englein kommt“, Reiko Fütings „Maria durch ein Dornwald ging“ oder Wolfram Buchenbergs „0 Freude über Freude“, die alle drei in ihrer etwas verkopften, spröden Konstruktivität kompositorisch weniger überzeugten. Die beiden einzigen älteren Bezugspunkte im Programm waren Max Reger („Schlaf, mein Kindelein“) und Erhard Mauersberger („Weihnacht“).
Die klangsinnlichste postmoderne „Übermalung“ war Jan Sandströms „Es ist ein Ros entsprungen“. Der vierstimmige barocke Choralsatz von Michael Praetorius – gesungen von einem solistischen Quartett – wird eingebettet in betörend schöne, gesummte Chor-Harmonien, die polarlichternd changieren: ein Wunder – wie die besungene Blüte mitten im kalten Winter.
Rhythmisch interessant Damijan Mocniks „Acclamatio“ und Steven Sametz‘ „Gaudete!“ mit übermütig verzerrten Harmonien“ und durch den Takt gewürfelten Betonungen. Die Zugabe: „We wish you a merry Christmas“ in einem Arrangement von Arthur Warrell. Ein Kammerchor mit großem Potential, der sich auch an Experimentelleres und Atonaleres heranwagen dürfte.
Quelle: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Dornwald-20-612994.html
Schwerpunkt auf dem allerneusten Repertoire
Dr. Achim Stricker, Schwäbisches Tagblatt, Tübingen, 30. Juni 2023
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Das Ensemble Vokalkunst stellte sich mit neuesten A-cappella-Chorwerken vor.
Tübingen. Es gibt einen neuen Kammerchor in Tübingen. Initiator und künstlerischer Leiter ist Daniel Radde, der zuvor acht Jahre lang den Reutlinger LICO-Chorverein dirigiert hat. Mit „Vokalkunst“ hat er nun im Januar sein eigenes Ensemble gegründet. Das Chorprofil: ambitionierte A-cappella-Programme mit Schwerpunkt auf dem allerneusten Repertoire. Die aktuell 15 Sängerinnen und Sänger – allesamt chorerfahren und geübt – kommen zu den wöchentlichen Proben in der Lindenbrunnenschule bereits gut vorbereitet, sodass gleich intensiv und effizient an Details gefeilt werden kann. Seit seiner Gründung ist das rührige Ensemble schon mehrfach bei der „Musik zur Marktzeit“ in der Jakobuskirche und der „Mittagsmusik“ in St. Johannes aufgetreten. Eine clevere Strategie, sich rasch einen Namen zu machen. So war die Martinskirche beim ersten größeren Vokalkunst-Konzert mit über 150 Zuhörern gut besucht.
Ein abwechslungsreich internationales, gesangstechnisch anspruchsvolles Programm, dramaturgisch professionell durchkomponiert. Die Konzertstunde je zur Hälfte mit geistlichem und weltlichem Repertoire, darunter manche Erstaufführung. Frank Tichelis Friedensbitte „Earth Song“ mit langen hinausgezögerten Auflösungen, Ernani Aguiars 150. Psalm „Lobet Gott in seinem Heiligtum“ mit rhythmisch „trommelnden“ Vokalisen und Arvo Pärts klangmystische Marienerscheinung „Drei Hirtenkinder aus Fatima“. Ein makellos intonationsreiner, transparenter Chorklang, staunenswert homogen zumal die fünf Männerstimmen.
Alles mit großer Präzision und geschulter Atemführung gesungen.
Chorleiter Daniel Radde, 32 Jahre alt, studiert in Tübingen Theologie und Literaturwissenschaft. Als Schüler hat er in der preisgekrönten Altensteiger Christophorus-Kantorei eine profunde sängerische Ausbildung genossen und anschließend in Karlsruhe Gesang studiert.
Das „älteste“ Stück im Programm und zugleich
aus der klassischen Moderne war Rudolf Mauersbergers Trauermotette „Wie liegt die Stadt so wüst“, uraufgeführt im August 1945 in den Ruinen der Dresdner Kreuzkirche. Die Expressivität kam auch hier allein aus der sängerischen Präzision der Details, ohne den Ausdruck zusätzlich zu forcieren. Dissonante Schärfen, klar artikulierte Textverständlichkeit. Das übrige Programm war postmodern, neotonal – etwa Eleanor Daleys „Upon you heart“ und Susan LaBarrs „Grace before Sleep“ mit seidig lichten Klangtexturen oder Matthew Harris‘ zauberhafter Shakespeare-Walzer „Tell me where is fancy bred“. Beatriz Coronas achtstimmige Sklavenbefreiungs-Motette ,,Penas“ wurde mit zunehmender Freiheit immer schneller.
Am interessantesten – und etwas experimenteller – waren Siegfried Strohbachs „Jesus, der Retter im Sturmwind“ mit strudelnden Wellenkreisen und ruhiger Windstille oder Gabriella Gullins „Tyst är det rum“ („Leise ist der Raum“), mit fragmentierten Melodien und viel gerahmter Stille dazwischen.
Zuletzt ein vergnüglicher Ausklang mit vier Volkslied-Bearbeitungen, darunter Aide Kumars munter galoppierendes slowenisches Hochzeitslied „Dajte, dajte“ und Volker Wangenheims „Vogelhochzeit“: Ornithologie nach Noten – nebst Brautmutter Eules Trauerchoral, Kuckucksruf und Hahnenschrei. Gleich mit dem ersten einsetzenden Beifall erhob sich schon ein Großteil des Publikums.
Quelle: https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Schwerpunkt-auf-dem-allerneuesten-Repertoire-593489.html